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Inhaltsverzeichnis Bewusstsein und Bewusstseinswandel Literaturverzeichnis |
Keys Schlagwort vom "Jahrhundert des Kindes" hat sich in der Erinnerung ähnlich lebendig gehalten wie das Rousseau zugeschriebene Schlagwort "Zurück zur Natur", oft ohne Kenntnis dessen, was die jeweiligen Urheber wirklich meinten.
Key fordert am Anfang dieses Jahrhunderts Gerechtigkeit, Freiheit - und Brüderlichkeit - für den Menschen, nicht nur für den Mann, sondern auch für die Frau, ja sogar für das Kind, welches nach weitverbreiteter Meinung doch erst zu einem Menschen "gemacht" werden soll.
Dräbing weist auf die zukunftsweisenden gemeinsamen Aspekte einer Friedenserziehung bei den Skandinaviern Ellen Key und Johan Galtung hin. (Dräbing,1990:330f)
In dem 1977 von H.-J. Schultz herausgegebenen Buch: "Brüderlichkeit. Die vergessene Parole", mit Beiträgen von Böll, Heer, Kühner, Sperber Freire, Dolci, Jungk, Galtung u.a., schreibt Galtung in seinem Aufsatz Religion ohne Vertikalität "Das Wort ,Brüderlichkeit habe ich eigentlich nicht so gern. Erstens finde ich, dass es eine Unschönheit darin gibt: Es ist für Männer. Es sagt nichts über Schwesterlichkeit. Und zweitens - und das ist für mich sehr wichtig - die Lage unter Brüdern ist selten störungsfrei. Warum ist das so? Wenn wir Brüder sagen, wollen wir zumeist etwas Horizontales, Symmetrisches aussagen, aber auch etwas Innerliches, etwas Warmes mit gutem Gefühl. Das Problem ist jedoch, dass Brüder nie nur zwei, drei oder vier Geschwister in derselben Familie sind: Es gibt auch einen Vater, es gibt eine Mutter, es gibt Eltern. (...) Die Vertikalität ist immer im Hintergrund. (...) Und diese Vertiefung der horizontalen Beziehungen - nicht nur als einer Struktur, sondern als Gesinnung, als Innerlichkeit - nenne ich Liebe. Die gute Tat wäre es also, die Horizontalität zu erweitern, auszubauen, zu verbessern, auf dass ich ein Teil von dir und du ein Teil von mir bist." (S.163)
Key wagt einen Blick auf "das Ganze", aber gleichzeitig auf das Individuum, und versucht, ihre Wahrnehmung sowohl persönlich, wissenschaftlich als auch mythisch/religiös darzustellen.
Auf der Suche nach einer Erklärung für den Erfolg des Buches "Das Jahrhundert des Kindes" neigen Wissenschaftler dazu, die "seismographische Seite der Wahrnehmung" (Weizsäcker, 1992:115) abzulehnen, sie als "typisch weiblich" und/oder unwissenschaftlich einzustufen. Keys kontrastierenden Schreibstil hält man aus verschiedensten Gründen für ein Merkmal eines systemlosen Denkens.
Man spricht von "gefühlsdurchschauerteter Frauenseele", von einer "pathetischen Zukunftspredigerin", von der "Konsequenz eines leidenschaftlichen Frauendenkens", obwohl "der Ernst und die aufrichtige Menschenliebe dieser reinen und begeisterten Frau ebenso außer Frage stehen, wie ihre seltene Begabung und Unerschrockenheit." (Dräbing,1990:126)
Eine Wahrnehmungsweise, die nicht vom Begriff dominiert ist, kann man mythisch nennen: Schon frühe Kulturen brachten durch Schaffung von Gestalt die eigenen Lebensbedingungen zur Wahrnehmung. Das griechische mythos bedeutet Wort oder Erzählung, gemachte Zeichen, geschaffene Gestalten, die etwas bedeuten; Musik als Gestalt in der Zeit und bildnerische Darstellung können ebenfalls mythische Wahrnehmung vermitteln.
Ein künstlerischer Mensch wie Rilke hat dafür bis heute das beste Gespür gehabt: "Und dieses Buch, in seiner stillen, eindringlichen Art, ist ein Ereignis, ein Dokument, über das man nicht wird hinweggehen können. Man wird im Verlaufe dieses Jahrhunderts immer wieder darauf zurückkommen, man wird es zitieren und widerlegen, sich darauf stützen und sich dagegen wehren, aber man wird auf alle Fälle damit rechnen müssen." (Rilke in Fiedler,1993:249)
"Beide erlebten die Welt letztlich durch eine religiös geprägte Sensibilität, der die Vorstellung des >Ganzen< nicht fremd war." (Fiedler,1993:XVIII)
In drei Schritten soll die Bedeutung der Familie bei Ellen Key noch einmal zusammenfassend dargestellt werden, wobei keine hierarchische Anschauung, sondern eine wechselseitige Bezogenheit zugrundegelegt werden muss.
Es gibt die Natur und es gibt die menschliche Anschauung von der Natur. Mit Darwins Veröffentlichung musste ein Weltbild aufgehoben werden, dass den Menschen zwar als Teil der Natur sah, aber als dessen Spitze. (J.d.K.:12f.)
E. Key geht es wie C.F. von Weizsäcker um die "Wahrnehmung der Neuzeit". Im historischen Konflikt zwischen Tradition und Veränderung zeigt sich durch den individuellen Blickpunkt des Betrachters ein dritter Partner: die Wahrheit, d.h. die für wahr genommene Wirklichkeit, ein eigentlich dreieckiges Verhältnis. (Weizsäcker,1992:84)
Wenn auch die Individuen nicht unsterblich sind, so glaubte man bis zur Evolutionstheorie Darwins doch, dass die Spezies es seien. "Der Darwinismus ist die Herausforderung zu einer noch nicht geleisteten Philosophie der Zeit"(Weizsäcker,1992:195)
Weizsäcker spricht von drei Kränkungen oder Demütigungen, mit denen das Bewusstsein der Menschen von sich selbst fertig werden musste:
1."Physik und Astronomie haben ihren welthistorischen Kampf mit der überlieferten Glaubenslehre im 17. Jahrhundert ausgefochten."
Kopernikus, Kepler, Newton revidieren die Anschauung von der anorganischen Natur, die Erde und die Sonne rücken aus dem Mittelpunkt der Welt.
2."Die Biologie hat ihren welthistorischen Konflikt mit der überlieferten Kirchenlehre im 19. Jahrhundert begonnen, durch Darwins Abstammungs- und Selektionstheorie. (...) Aber der harte Kern der modernen Biologie ist ihr Physikalismus"
Die Art ist nicht ewig, die belebte Natur muss als dynamischer Prozess von Veränderungen begriffen werden.
3."Soziologie und Psychologie führen einen zentralen Angriff. Sie machen den Menschen zum Gegenstand ihres Studiums."
Das Ich ist zum Forschungsobjekt geworden, auch der Mensch ist veränderbar und manipulierbar; er muss jetzt erfassen, dass er nicht außerhalb der Gesetze steht, die er erforscht.(vgl. Weizsäcker, 1992,131ff.)
Er ist der Ansicht, dass die Wissenschaften ihren Erfolg unter anderem dem Verzicht auf das Stellen gewisser Fragen verdanken:
Die Physik fragt nicht, was Natur, was Raum, Zeit, Gegenstand eigentlich ist; die Biologie fragt nicht, was Leben ist; die Psychologie nicht, was man mit Seele meint, was Bewusstsein ist; sie fragt nicht, was Wert und Wertfreiheit ist. Mit dem Zugeständnis, dass solche Fragen sinnvoll sind, wird eine andere Ebene erreicht.
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